Mittwoch, 18. September 2013

Szenen einer Autofahrt, Teil 1


SWR 2. Es ist 18 Uhr. Sie hören die Nachrichten des Tages.

Washington. Der amerikanische Präsident Barack Obama wendete sich heute mit einer Rede an die Nation. Dabei fand er erstmals klare Worte zum Syrienkonflikt.
Bitte den Kreisverkehr an der dritten Abfahrt verlassen.
Er bezog sich damit auch auf die umstrittene Aussage von John Kerry, Assad habe
Bitte jetzt rechts abfahren und der B27 folgen.
Die Resonanz aus Deutschland war verhalten.
Angela Merkel meinte am Rande einer Konferenz nur
Die Route wird aufgrund von Verkehrsstörungen neu berechnet.
Die Opposition kritisierte diese Zögerungstaktik umgehend.
Allen voran Peer Steinbrück. Der meinte,
Ausfahrt vor Ihnen.
und fügte hinzu
Bitte nehmen Sie die Ausfahrt.
Linkspartei und Grüne sind sich einig:
Ein militärisches Eingreifen in Syrien wird es mit ihnen
In 100 Metern links abbiegen.
Nur eines scheint an diesem Tag klar, dass
Jetzt links abbiegen.
und man in Sachen Syrien noch einen langen Weg vor sich hat.
Sie haben Ihr Ziel erreicht.

Mittwoch, 4. September 2013

Gutwetter-Wahlkampf


Heute habe ich gelesen, dass die Deutschen selbst in der Hochphase des Wahlkampfs lieber übers Wetter reden als das Kanzlerduell zu diskutieren. In meinem Umfeld ist das zum Glück anders. Deshalb konnte ich auch eine – für mich – interessante Entdeckung machen. Egal ob FDP-Anhänger, Merkel-Freund oder Wechselwähler: Die meisten machen ihr Kreuz bei der Partei, die ihnen persönlich die meisten Vorteile verspricht. Ihre Frage lautet: „Was habe ich davon?“. Was heißt: Steuersenkungen kommen gut; Tempolimits auf Autobahnen eher nicht so. Sicher, das überrascht erst mal wenig. Und trotzdem finde ich diesen Egoismus bemerkenswert. Auch wenn ich selbst genug verdiene, bin ich trotzdem für einen Mindestlohn und bereit, beim Frisör etwas mehr zu zahlen. Und auch wenn ich regelmäßig zu schnell fahre, sehe ich doch ein, dass weniger Geschwindigkeit die Straßen sicherer machen. Nein, ich gehöre nicht zu den nervigen Weltverbesserern, die ihre Mitmenschen belehren, dass Fleisch essen unmoralisch und Rauchen ungesund ist. Trotzdem finde ich, kann man hin und wieder über seinen Tellerrand hinausschauen. Der 22. September wäre eine gute Gelegenheit. Übrigens: In den nächsten Tagen soll es noch mal richtig schön warm werden...    

Donnerstag, 29. August 2013

Führerlos in die mobile Zukunft

Elektronische Fahrhilfen machen die Straßen sicherer und die Welt zu einem besseren Ort. Denn sie ersetzen (zum Teil) den Fahrer und erledigen zuverlässig diverse Führer:


Film von Tobias Haase, Filmakademie Ludwigsburg

Dienstag, 20. August 2013

Flexitarier, der

Der Flexitarier gehört zur Gattung der Vegetarier, unterscheidet sich von dieser allerdings in seiner Konsequenz. So teilt der Flexitarier zwar die Ansicht, dass man Tiere nicht essen sollte, jedoch will er für seine hehren Ansprüche auch nicht allzu sehr leiden. Deshalb macht er (unter anderem) zu Weihnachten mal eine Ausnahme und riecht den Braten nicht nur, sondern isst ihn auch. Moralisch ist der Flexitarier dem Fleischesser definitiv überlegen. Vom Vegetarier oder gar Veganer könnte er sich allerdings noch eine Scheibe abschneiden.

Donnerstag, 27. Juni 2013

Die Generation der offenen Tür

Es gibt die Generation Golf, die Generation Praktikum und die Generation Y. Die erste ist unpolitisch und materiell ohne Sorgen. Die zweite ist gefrustet und arbeitstechnisch ohne Perspektive. Und die dritte ist gebildet, aber politisch ohne Vertrauen.

Ich meine, noch eine weitere Generation entdeckt zu haben. Die Generation der offenen Tür. Dabei handelt es sich um die heute etwa 20 bis 39-jährigen, die sich einfach nicht mehr festlegen wollen; sich also ständig alle Türen offen halten.

Sie sind weder bereit, sich an einen Partner zu binden, noch an einen Verein, eine Weltanschauung oder einfach nur eine Meinung. „Freiwillige Feuerwehr? Find’ ich klasse. Aber was, wenn ich mal spontan für zwei Monate nach Australien will?“ „Das Jobangebot klingt schon verlockend. Aber Hamburg würde mich auch reizen...“ „Kinder? Können wir doch auch in zwei, drei Jahren noch haben.“

Ich hab das Gefühl, wir befinden uns in einem ständigen Übergangsmodus. Wir warten auf das Leben, während es an uns vorbeizieht. Flexibilität ist unsere Religion. Und das erste Gebot lautet: Warte mal ab, vielleicht kommt ja noch was Besseres.

Aber ich befürchte: Das ist ein Trugschluss. Wir sollten wieder den Mut finden, Türen zu schließen. Denn irgendwo öffnet sich immer eine neue.

Dienstag, 7. Mai 2013

Die Leiden des N.N. Oder: Über den Druck, sich als Vertriebler einen Namen zu machen.

Norman Nietzsche steht heute früher auf. Er hat fünf Kundentermine. Und Verkaufsdruck. Wie immer kurz vor Quartalsende, wenn alle noch mal ihre Prämie nach oben schrauben müssen. Apropos Schrauben. Die sind Normans Spezialgebiet. Er verkauft sie hauptsächlich an die Automobilindustrie und am liebsten in rosa Hemd und lila Krawatte. Norman glaubt, das wirke frisch und unkonventionell; dabei bestätigt er mit seiner Kleiderwahl nur das Klischee des Vertrieblers. Rolex, Markenschuhe, Nadelstreifen – für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance, meint Norman. Er liebt abgedroschene Phrasen und versucht sie möglichst oft in seinen Verkaufsgesprächen unterzubringen. Genau wie seine Religion: NLP. Mit Neurolinguistischem Programmieren will Norman seine Kunden dazu bringen, die aus seiner Sicht einzig richtige Kaufentscheidung zu treffen. Schrauben sind ja nicht gerade sexy. „Low Involvement“-Produkte heißen diese Waren auf Angeber-Deutsch, frei übersetzt „Interessiert-keine-alte-Sau“-Artikel. Da muss man sich beim Verkaufen schon richtig ins Zeug labern. Zum Glück gibt es genügend Vertriebs-Gurus, die sich nicht zieren, ihre vielfach bewährten Schwafelpraktiken (neudeutsch: Communication skills) mit den Kollegen zu teilen. Ganz uneigennützig werfen sie Ratgeber mit vielversprechenden Titeln wie „So überzeugen Sie jeden: Neue Strategien durch Verkaufshypnose“ oder „30 Minuten: Die NLP-Erfolgsgeheimnisse der Spitzenverkäufer“ auf den Buchmarkt. Norman kennt sie alle. Auswendig. Auch den einen oder anderen Autor durfte er schon treffen. Besonders beeindruckt war er von ihrer Fähigkeit, sich selbst zur Marke zu machen. Das hat er auch vor. Norman Nietzsche klingt ja schon mal nicht schlecht. Ein Dr. davor wäre allerdings noch eindrucksvoller. Aber so viel Anstrengung lohnt sich heutzutage nicht mehr. Wozu hat er schließlich einen zweiten Vornamen? Normen E. Nietzsche. Macht schon mehr her. Aber da geht noch was. Zum Beispiel mit einem Titel im Namen. Norman „Der Kundenflüsterer“ E. Nietzsche, so was schwebt ihm vor. Damit könnte er zum Star der Schrauben-Branche aufsteigen. Und dann würde auch er sein Wissen teilen. Auf Konferenzen wie Speakers Excellence oder der GSA. Junge Menschen würden zu ihm aufschauen. Und er müsste nicht mehr in aller Herrgottsfrühe aufstehen, die Prämie im Nacken, die sich um seine Kehle legt wie die lila Krawatte, die er jetzt so routiniert zu einem Four in Hand-Knoten bindet. Die er zuzieht, immer weiter und weiter zuzieht... bis er plötzlich gar nichts mehr spürt. Keinen Termindruck, keine Verkaufsvorgaben. Nur den flauschigen Teppich seines Hotelzimmers. Und unendliche Erleichterung.